Gravelbiken im Nordschwarzwald – Von Sternen, Schmaus und Schotter

Gravelbiken
Im Nordschwarzwald lässt es sich genussvoll Gravelbiken. Bild © Max Günter
Im Nordschwarzwald kann man prima und genussvoll Gravelbiken. In dieser Reisereportage geben wir Anregungen und machen Vorschläge.
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Im Nordschwarzwald lässt es sich genussvoll Gravelbiken. Bild © Max Günter

Gravelbiken ist ein ungebrochener Trend. Grund und Anlass genug, sich dem Thema einmal aus einer anderen Perspektive anzunähern. In diesem Beitrag geht es daher auch nicht um Produkte und Gadgets, sondern um Genuss und darum, wie ein Gravel-Lifestyle auch aussehen kann.

Wer eine Radtour nicht allein nach gestrampelten Kilometern, überwundenen Höhenmetern und im Sattel gequälter Zeit bewertet, sondern das ganzheitliche Naturerlebnis sucht, der ist im Nordschwarzwald rund um Baiersbronn genau richtig. Allen voran Gravelbiker, die sich statt Müsliriegel und Trockenobst lieber mit prämierter Sterneküche stärken.

Stärkung und Belohnung müssen sich nicht ausschließen

Würziger Duft geräucherter Fische liegt in der Luft. Die Sonne wärmt und ein Windhauch rauscht lautstark durch die Tannenwipfel des idyllischen Buhlbachtals bei Baiersbronn. Alle Tische auf der Terrasse des rustikalen Forellenhofs Buhlbach sind belegt. Kein Wunder, die Küche ist bei Gourmets weit über die Grenzen des Schwarzwalds hinaus bekannt. Doch wer glaubt, auf der Sonnenterrasse säßen elegant gekleidete Feinschmecker, der täuscht sich. Hier strecken vor allem Wanderer und Biker gerne alle Viere von sich und lassen ihre Gaumen von exquisiter Küche verwöhnen.

Gravelbiken
Bild: © Max Günter

So auch die Gruppe Gravelbiker, die im hinteren Eck sitzt. Die vier jungen Männer haben eine Pause vor dem finalen Anstieg hinauf zum Schliffkopf (1.054 m) eingelegt. Besser gesagt: Einen Gourmet-Stop. Der Kellner serviert Tatar vom geräucherten Forellenfilet mit marinierter Gurke, Kräuterschmand und Forellenhof-Brot. Wer hier ein Speck- oder Käsesandwich, Wiener Würstel oder Germknödel bestellen möchte, sucht vergeblich. Traditionelle Brotzeiten alpenländischer Almhütten stehen hier nicht auf dem Menü. Dafür frische Forellen- und Saiblingspezialitäten, knusprige Flammkuchen oder – natürlich – Schwarzwälder Kirschschnitten. Die enge Verbindung von Sport und Genuss kommt nicht von ungefähr. Zwei Dinge haben Baiersbronn bekannt gemacht: Die einzigartige Natur und die herausragende Küche. Der Guide Michelin hat den beschaulichen Ort im Schwarzwald zur Gourmethauptstadt des Landes ausgezeichnet, denn nirgendwo sonst gibt es so viele Hotels mit preisgekrönten Restaurants. Viele von ihnen haben sogenannte Genusswanderhütten, der Forellenhof Buhlbach ist eine davon.

Eine Symbiose aus sportlichem und kulinarischem Genuss

Warum die Sternegastronomen ihre Kulinarik aus den edlen Restaurants in kleine Hütten in der freien Natur exportieren, liegt auf der Hand: Baiersbronn ist nicht nur Kulinarik-Hochburg, sondern auch Biker-Dorado. Die Region ist eine der wenigen Enklaven in Baden-Württemberg die sich von der Zwei-Meter-Regelung freigemacht hat. So gibt es dort ein eigenes, für Biker ausgeschildertes Wegenetz, das sogar Singletrails miteinschließt. Mit seinen rund 400 Kilometern ist es eines der ganzheitlichsten Fahrradreviere Deutschlands. Dabei regelt ein Biker-Kodex das faire Miteinander zwischen Radfahrern und Wanderern auf gemeinsam genutzten Wegen. Das weitläufige Streckennetz bietet garantiert für jeden Typ Biker die richtige Herausforderung. Und das Beste: Es ist ein Leichtes seine Tour so zu planen, dass sie an der ein oder anderen Genusswanderhütte vorbeiführt.

Das genießen rund um Baiersbronn nicht nur Aktivurlauber, sondern auch Einheimische. „Große Teile unseres Waldes werden forstlich bewirtschaftet und die vielen geschotterten Wege sind ein wunderbares Terrain für Gravel- und Mountainbiker“, sagt der Baiersbronner Jörg Möhrle. Er betreibt zusammen mit seiner Frau Jutta das Wellness-Hotel Tanne Tonbach. Beide sind begeisterte Biker und schätzen die natürlichen Gegebenheiten ihrer Heimat.

Gleich einem windschiefen Stern führen mehrere Täler von Baiersbronn in alle Himmelsrichtungen: ins Murgtal nach West und Ost, ins Tonbachtal nach Nordwesten und ins Forbach- und Sankenbachtal nach Süden. Sie alle bieten mit den bewaldeten Bergrücken und Forstwegen mit 200 bis 350 Metern Höhenunterschied eine ideale Spielwiese für Gravelbiker. Das schätzt auch die Baiersbronner Profi-Triathletin Laura Zimmermann. „Die waldreiche Mittelgebirgsregion rund um Baiersbronn und der Nationalpark Schwarzwald beeindrucken mich immer wieder mit ihrer Naturlandschaft, den idyllischen Dörfern, klaren Bergseen und Mooren. Bisher bin ich an keinem anderen Ort der Welt auf eine derartige Vielfalt an Forstwegen gestoßen und entdecke immer wieder neue Wege.“ Für sie gibt es kaum eine bessere Gelegenheit, Körper und Geist in Einklang zu bringen.

Waldbaden als „Drive-Thru-Therapie“

Dass der Wald guttut, ist nichts Neues. Im Gegenteil. „Shinrin-yoku“ lautet in Japan der Fachbegriff für die heilsamen Aufenthalte im Wald, was übersetzt so viel wie „Waldbaden“ bedeutet. Was in Japan als Bestandteil eines gesunden Lebensstils gepriesen wird, wissen auch die Baiersbronner: gestresste Menschen finden im Wald zu sich selbst. „An einem Tag auf dem Rad im Wald vergesse ich komplett den Alltag. Glücksgefühle breiten sich in mir aus, ich bin ganz bei mir selbst. Und die Seele wird gleich mitgestreichelt“, sagt Jörg Möhrle zufrieden.

Es ist mittlerweile sogar wissenschaftlich belegt, dass der Wald eine positive Wirkung auf den menschlichen Körper hat. Fakt ist, dass Waldluft rund 90 Prozent weniger Staubteilchen als Stadtluft enthält. Nicht umsonst werden Wälder auch als grüne Lungen der Erde bezeichnet. Zusätzlich enthält Waldluft Stoffe, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Sie ist ein natürliches Antidepressivum, hilft gegen psychische Stressbelastung und schütz vor Burnout. Die Wald-Aura stärkt unser Immunsystem und kann uns vor ernsthaften chronischen Krankheiten bis hin zu Herzinfarkt und Krebs schützen. Wie praktisch, dass man rund um Baiersbronn die Pflicht mit der Kür ganz einfach verbinden kann und sich im eigenen Sattel einfach auf eine „Drive-Thru-Therapie“ begeben kann.

Fürs Gravelbiken ist der Schwarzwald der Gipfel der Genüsse

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Das ist natürlich der Klassiker und ob man sie sich auf dem Gravelbike tagsüber verdient hat muss jeder selbst entscheiden. © Max Günter

Doch es ist nicht nur der viele Wald, der das Fahrraderlebnis rund um Baiersbronn so besonders macht. „Bei uns ist der Tourenradius für Gravelbiker ein ganz anderer als zum Beispiel in den Alpen“, weiß der Baiersbronner Bike-Guide Michael Pojtinger. „In den Alpen können nur ausgewählte Ziele angefahren werden, Rundtouren sind selten und der Weg vom Berg ins Tal muss auf derselben Strecke zurückgelegt werden. Außerdem sind die Steigungen im Schwarzwald gemäßigter und somit mit dem Gravelbike viel angenehmer zu fahren als in den Alpen.“

Pojtingers Lieblingstour führt von Baiersbronn hinauf zum Huzenbacher Seeblick und weiter zur Überzwercher Berghütte. Von dort geht es mitten durch den Nationalpark bis zum Ruhestein mit großartigen Ausblicken auf das obere Murgtal. Anschließend führt die Tour zurück ins Tal, an der Rotmurg entlang Richtung Obertal und weiter zurück nach Baiersbronn, mit der Möglichkeit – je nach Lust und Kondition – noch Abstecher einzubauen.

Apropos Abstecher: Immer wieder locken auch Teile der ausgeschilderten Mountainbike-Routen samt ihren einfacheren Trailpassagen. „Baiersbronn spricht eben nicht nur einen speziellen Gravelbiker-Typ an“, so Projtinger. Und Möhrle ergänzt: „Und wen auf einer längeren Tour die Kraft im Stich lässt, für den gibt es immer noch die S-Bahn im Murgtal, die müde Radfahrer samt Bike aus nördlicher und südlicher Richtung zurück nach Baiersbronn bringt.“

Schon seit einigen Jahren ist Baiersbronn für sein Mountainbike-Konzept bekannt. Unzählige Routen wurden – unter anderem mit der Hilfe von Möhrle und Projtinger – kartiert und ausgeschildert. Dass einige dieser Strecken auch perfekt mit dem Gravelbike befahren werden können, wissen die beiden ganz genau. „Das beste Beispiel ist die T9 – Karseentour“, so Möhrle. Diese rund 80 Kilometer lange Rundtour führt über knapp 1.700 Höhenmeter ausnahmslos auf Forstwegen und bietet herrliche Ausblicke in die rheinische Tiefebene. Und fast am Ende der Tour – so soll und muss es bei einem Tourentipp von Möhrle wohl sein – wartet auf einer Anhöhe im Tonbachtal die Blockhütte des Hotel Traube Tonbach, das für die mit drei Sternen ausgezeichnete Schwarzwaldstube bekannt ist.
Und wie könnte es anders sein? Auch hier gibt es eine Vesper à la Baiersbronn, das man sich nach einem letzten kurzen Anstieg auch wahrlich verdient hat. Wie wäre es mit karamellisiertem Kaiserschmarrn mit Mandeln, Rosinen, Vanilleeis und Apfelkompott? Die Aura eines der bekanntesten Sterne-Restaurants Deutschlands gibt es gratis dazu. Ist das nun dekadent? Nun ja, wie so vieles im Leben ist eben auch die Wahl der Sportlernahrung reine Ansichtssache…

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Zahlreiche und abwechslungsreiche Touren finden sich im Nordschwarzwald rund um Baiersbronn. Bild: © Max Günter

Tourenvorschläge und weitere Informationen

Tourentipp 1: T9 Karseen-Tour: 81,1 Km, 1.696 Hm

Tourentipp 2: Baiersbronn – Wanderhütte Sattelei – Blockhütte – Nationalpark mit Wildseeblick – Darmstädter Hütte – Huzenbacher Seeblick – Baiersbronn: 46,2 Km, 1080 Hm

Tourentipp 3: Baiersbronn – Sankenbachsee – Kniebishütte (Abstecher) – Ellbachseeblick – Ellbachsee – Schwarzwaldhochstraße – Buhlbachsee im Nationalpark – Kulturpark Glashütte Buhlbach und Forellenhof Buhlbach (Abstecher) – Huzenbacher Seeblick – Blockhütte – Baiersbronn: 61,9 Km, 1.340 Hm

Tourentipp 4: bis Glashütte Buhlbach gleiche Strecke wie Tour 3 – Schwarzwaldhochstraße mit Aussichtsplattform Steinmäuerle – Schliffkopf – Ruhestein mit Nationalparkzentrum und Ruhesteinschänke – Wildseeblick – Darmstädter Hütte – Weg zum Seibelseckle oberhalb der Schwarzwaldhochstraße mit Aussicht in die Rheinebene – Mummelsee/
Grinde-Hütte (Abstecher) – Schurmsee – Schönmünztal – Wanderhütte Sattelei – Baiersbronn: 99,2 Km, 2.490 Hm

Anreise
Von Karlsruhe, Stuttgart und Freiburg lässt sich Baiersbronn in anderthalb bis zwei Stunden stressfrei, umweltfreundlich und bequem per Bahn oder Bus erreichen. Info: reiseauskunft.bahn.de

Schlemmen auf Tour:
  • Hotel Traube Tonbach: Blockhütte
  • Hotel Bareiss: Sattelei & Forellenhof Buhlbach
  • Hotel Löwen (Gastgeber Familie Sackmann): Panoramahütte
Sterne-Restaurants im Guide Michelin:
  • Hotel Traube Tonbach: Schwarzwaldstube 3* & Restaurant Köhlerstube 1*
  • Hotel Bareiss: Restaurant Bareiss 3*
  • Genusshotel Sackmann: Restaurant Schlossberg 1*
Bike-Hotels:
  • 4* Wellness-Hotel Tanne Tonbach, www.hotel-tanne.de
  • 5* Superior Hotel Engel Obertal, www.engel-obertal.de
  • 4* Nationalpark-Hotel Schliffkopf, www. schliffkopf.de
  • Weitere Unterkünfte in allen Preisklassen finden sich hier.
Bikeguides:
Bikeguides werden in der Baiersbronn Touristik vermittelt. Diese findet man am Rosenplatz 3, 72270 Baiersbronn im Schwarzwald
oder vorab bereits auf der Webseite www.baiersbronn.de
Bike-Verleih (Gravelbikes):
Hinweis Bildrechte: Titelbild © Max Günter
Weiteres Thema bei Outdoor Elements: Mein Beitrag zum Chrome Industries Urban Ex 2.0 Rolltop. Dieser komplett wasserdichte Rucksack ist ein robuster Begleiter im Regen und bei Nässe. Aktuell leistet er bei Ausflügen auf dem Gravel Bike beste Dienste.
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