
Seit 2025 lässt Arena das Schwimmbrillenmodell „The One Plus“ in einer hochmodernen Anlage in der Provinz Modena in Italien produzieren. Die Entscheidung mit einem preiswerten Einsteigermodell „Made in Italy“ wahrzumachen, war sicherlich unternehmerisch ein Wagnis, dass sich allerdings, nicht zuletzt durch die geopolitischen Herausforderungen, wohl zügig amortisieren wird.
In den letzten Jahren haben viele europäische Unternehmen begonnen, ihre Produktion aus Asien zurück nach Europa zu verlagern. Alleine im Corona-Jahr 2022 planten etwa 60 Prozent der Supply-Chain-Manager, Teile ihrer Produktion aus Asien und den USA zurückzuholen. Ein Fünftel der Befragten gab an, die Mehrheit ihrer Produktion wieder nach Europa zu verlagern. Hauptgründe hierfür: gestiegene Kosten für globale Lieferketten, geopolitische Spannungen sowie die zunehmende Bedeutung von Flexibilität und Nähe zu den Märkten. In dieses Planungsjahr fällt wohl auch Arenas Entscheidung, eine ihrer Schwimmbrillenmodelle wieder in Italien produzieren zu lassen. Gute zwei Jahre hat dieser Prozess in Anspruch genommen. 2024 wurde die hochautomatisierte Produktionslinie in Campogalliano eingeweiht.
Made in Italy, zu günstigen Preisen
Die internationale Bademodenmarke Arena, mit Sitz im beschaulichen Tolentino, Italien produziert ihr Schwimmbrillenmodell „The One Plus“ in der italienischen Provinz. Das Einsteigermodell bietet mit Anti-Fog-Technologie und Mirror-Beschichtung, hochwertige Features. Wer nun denkt, dass jetzt hohe VK-Preise aufgerufen werden, der irrt. Die „The One Plus“ hat kostet im Handel zwischen 25 und 30 Euro (Mirror-Variante). Damit stellt Arena klar, dass Made in Europe oder gar Made in Italy nicht zwingend bedeutet, dass die Produkte im hochpreisigen Segment angesiedelt sein müssen.
Hochautomatisiert, präzise, effektiv
2024 wurde in der auf Plastik-Spritzguss spezialisierten Fabrik namens LAR eine eigene Produktionslinie für Arena eingeweiht. LAR ist von einer langfristigen Zusammenarbeit und Produktion mit Arena überzeugt. Schließlich mussten für die Schwimmbrillenproduktion eigene Prozesse entwickelt und Hochpräzisionsmaschinen gebaut werden. Mitunter erschreckend und eine Blaupause für viele weitere Gewerke: Es gab, nach Angaben von LAR-Betriebsleiter Riccardo Monari, keine Firma in Europa, die Gussformen für Schwimmbrillen herstellen konnte. Erst in Asien wurde Monari fündig.

Auch die Technologie für die Antibeschlagbeschichtungen wurde speziell entwickelt, die chromatische Aberrationen und Farbverfälschungen verhindern und gleichzeitig eine gleichbleibend hohe Qualität der Gläser gewährleisten. Dazu Greg Steyger, Director Racing & Equipment bei Arena „Es war eine echte Herausforderung, ein bereits vielseitiges und erfolgreiches Produkt wie „The One noch besser zu machen. Nach fast zwei Jahren intensiver Forschung und Entwicklung sind wir stolz darauf, eine Brille präsentieren zu können, die den höchsten Standards entspricht und dennoch erschwinglich ist.“ LAR hat dafür eine hochautomatisierte Produktionsstrecke gebaut. Die nach eigenen Angaben von Monari, einige schlaflose Nächte bereitete, aber mittlerweile präzise wie ein Schweizer Uhrwerk läuft.
1,5 Millionen Jahreskapazität
1,5 Millionen „The One Plus“-Modelle können pro Jahr in den Versand gehen. Die Herstellung erfolgt unter strenger Einhaltung europäischer Qualitäts- und Umweltstandards. Der hochautomatisierte Ablauf ist ISO-14064-zertifiziert. Dennoch umfasst die Herstellung von Brillenfassungen traditionell eine Reihe manueller Prozesse, einschließlich der Montage einzelner Komponenten. Dafür stehen in Campogalliano 30 Mitarbeiter zur Verfügung, sie montieren täglich bis zu 1.600 Brillen und machen diese versandfertig. So wurden trotz aller Automatisierung auch Arbeitsplätze geschaffen, die die Region stärken, zumal Arena in den kommenden Jahren die Kapazitäten in Italien noch steigern möchte.
Made in Europe
Qualitätskontrolle, Marktnähe, Kosteneffizienz durch Automatisierung – Nearshoring, also die Verlagerung von Produktionsprozessen oder Dienstleistungen in nahegelegene Länder, erlebt seit der Corona-Pandemie starken Zuwachs. Die jüngsten Entwicklungen auf dem Welthandelsmarkt lassen getroffene Entscheidungen noch einmal neu bewerten.
Intersport: Der Sportfachhändler-Verbund aus Heilbronn, Deutschland, hat im Sommer 2024 angekündigt, seine Eigenmarken wieder vermehrt in Europa produzieren zu wollen – Bulgarien, Rumänien und die Ukraine wurden genannt. Ziel des sogenannten „Nearshoring“: Lieferkettenprobleme und Abhängigkeiten minimieren, schneller liefern und reagieren. Aber auch die Unterstützung von Europa als Produktionsstandort wurde als Begründung von Intersport genannt.
Hugo Boss: Auch der börsennotierte Modekonzern aus Metzingen, hat im Sommer 2024 bekanntgegeben wieder mehr in Europa und Amerika fertigen zu lassen. Die Begründung lautete: Dort produzieren, wo verkauft wird – was in USA verkauft wird, soll in den USA gefertigt werden, gleiches gilt für Europa.
Hanwag: Der Schuhhersteller setzt auf den Produktionsstandort Europa. Der lange Weg zurück verlangte Entschlossenheit und eine klare Vision – beides hatte der Traditionsschuhhersteller aus Vierkirchen, Deutschland. Hanwag lässt vor allem in Ungarn und Kroatien produzieren und bildet dort neue Fachkräfte aus.
Folgenreiche Fehlentscheidung?
Der ehemalige adidas-Chef Herbert Heiner hatte mit der Eröffnung der ersten „Speed Factory“ 2016 im fränkischen Ansbach große Ziele mit dem Sportartikelriesen im Visier. Auch in den USA ließ Heiner eine hochautomatisierte Produktionsstätte bauen. Die Vision lautete: Näher am Kunden produzieren, schneller auf Trends reagieren. 2019 wurde das Projekt von Heiners Nachfolger Kasper Rorsted gestoppt. Eine adidas-Sprecherin erklärte 2019 in einem Welt-Interview, es sei wirtschaftlicher, Turnschuhe in Asien zu produzieren – die Technik und die Prozesse der Speed Factories aus Deutschland und USA wurden nach Asien verlegt.
In einer Pressemeldung von Reuters vom 3. April 2025 wird genau das nun zum Problem, denn: Nike, Adidas und Puma lassen mehr als 90 Prozent ihrer Schuhe und Sportbekleidung in Asien, vor allem Vietnam und Kambodscha fertigen und können kaum kurzfristig ausweichen.
Diese Outdoorschuh- und -textilunternehmen setzen bereits auf Made in Europe:
• Lowa (Deutschland): Ein traditionsreicher Hersteller von Berg-, Wander- und Outdoorschuhen mit einem starken Fokus auf Qualität und Passform.
• Meindl (Deutschland): Ein weiterer bekannter deutscher Hersteller, der für seine robusten und langlebigen Wander- und Bergschuhe bekannt ist und weiterhin in Deutschland produziert.
• La Sportiva (Italien): Weltbekannt für Kletter- und Bergschuhe sowie Trailrunning-Schuhe. Produziert weiterhin in Italien.
• Boreal (Spanien): Spezialisiert auf Kletter- und Bergschuhe und produziert in Spanien.
Bekleidungshersteller:
• Houdini Sportswear (Schweden): Setzt auf nachhaltige und zirkuläre Produktionsansätze und fertigt einen Großteil in Europa vor allem in Estland, Lettland, Litauen und Polen.
• Direct Alpine (Tschechien): Spezialisiert auf funktionelle Bergsportbekleidung und produziert in der Tschechischen Republik.
• Devold of Norway (Litauen): Der Spezialist für Outdoor-Bekleidung aus Wolle produziert in seiner eigenen hochmodernen Fabrik in Litauen.
• Löffler (Österreich): Bekannt für Sport- und Outdoor-Bekleidung und produziert einen Großteil der Stoffe in der eigenen Strickerei in Österreich. 90 Prozent der Wertschöpfung findet in Europa statt.
• Ortlieb (Deutschland): Spezialisiert auf wasserdichte Taschen und Ausrüstung mit Produktionsstandort in Heilsbronn/Deutschland.
Text: Susa Schreiner. Nachdruck, auch in Auszügen, nur mit schriftlicher Genehmigung der Verfasserin. Bilder: © siehe Bildtext
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