
Von Bangkok nach Phuket auf dem Rennrad – eine geführte Etappenfahrt mit erfahrenem Guide, auf einsamen Strecken, bei tropischem Wetter inmitten üppiger Natur. Wer gern mit dem Rennrad unterwegs ist, heiße Temperaturen mag und eine gesunde Neugierde für eine fremde Kultur mitbringt, der ist bei der Rad-Etappenfahrt von Zentral-Thailand in den Süden des Landes bestens aufgehoben.
Mit dem Rennrad gut 900 Kilometer durch Thailand – ein ganz besonderes Abenteuer
Am letzten Tag lässt Robert es nochmal krachen: Der 58-Jährige tritt auf Höhe der Ölbaum-Plantagen 50 Kilometer vor Phuket nochmal kräftig in die Pedalen und stürmt der Gruppe davon. Das tut er gern, der Luxemburger. Schon während der gesamten elf Tage der Tour von Bangkok nach Phuket hat der Luxemburger immer mal wieder seine Beinmuskeln spielen lassen und es den Mitfahrern gezeigt. „Macht doch Spaß“, findet „Robi“, wie ihn die anderen liebevoll nennen. Tour-Chef Lucien hat diese Ausritte die gesamte Tour über nicht so toll gefunden. Dem Landsmann von Robi, der seit zwölf Jahren in Thailand lebt und die Tour organisiert hat, geht es vor allem um die Sicherheit der Teilnehmer – verständlich. Und Typen wie Robi, Freigeister, hat er nicht ganz so gut unter Kontrolle wie die anderen 13 Radler, die stets diszipliniert beieinander bleiben.
Aber es haben sich alle in den gemeinsamen Tagen aneinander gewöhnt. Und man kann Robi auch nicht wirklich böse sein. Der Vater dreier Kinder ist die Frohnatur der Gruppe: Lächelt ständig, ist immer guter Laune und mit einer echten Spürnase ausgestattet, was das Auffinden des feierabendlichen Bier-Depots betrifft. Und außerdem holt ihn die Gruppe bei seinen kleinen Ausritten ja auch immer wieder schnell ein. Diesmal ein paar Minuten später, als die Ölbaumplantage von einem größeren Kautschuk-Hain abgelöst wird.

900 km von Zentralthailand in den Süden
Elf Tage dauert die Tour von Bangkok nach Phuket. Rund 900 Kilometer werden insgesamt auf acht einzelnen Etappen zurückgelegt. Wobei Bangkok – Phuket nicht ganz korrekt ist. Zwar trifft sich die Gruppe am Anreisetag in Thailands Hauptstadt und Metropole, doch geradelt wird dort nicht. Bangkok ist ein Moloch. Eine Betonwüste mit geschätzt 15 Millionen Einwohnern und chaotischem Straßenverkehr. Radeln kann man hier nicht.
Also geht’s am ersten Tag der Tour per Bus-Transfer ins knapp 200 Kilometer südlich gelegene Hua Hin. Dort liegt auch Luciens Office, wo alle Teilnehmer ihr Leih-Rad bekommen, alles angepasst wird und sich die Gruppe bei einer knapp 60 Kilometer langen Einführungsrunde ein bisschen beschnuppern kann. Lucien, einst als Fahrer des luxemburgischen Nationalteams professionell auf dem Rennrad unterwegs, schaut sich die Gruppe nebenbei genau an: Wie ist die Leistungsstärke der Einzelnen? Liegen alle 14 Teilnehmer in etwa auf einem Niveau oder muss er die Gruppe womöglich teilen? In eine Tempo- und eine Genuss-Gruppe? Es sollen in den kommenden Tagen schließlich alle größtmöglichen Spaß auf dem Rad haben.

1. Etappe: Hua Hin – Kuiburi (89 km, 67 Höhenmeter)
Ein bisschen Nervosität ist zu spüren, als am nächsten Morgen um 7 Uhr alle im Frühstücksraum des Hotels auftauchen. Endlich geht’s wirklich los: Gut 900 Kilometer gilt es in den nächsten neun Tagen zu bewältigen – von Zentralthailand schnurstracks in den Süden des Landes. Bei 22 Grad am frühen Morgen ist der Dress klar: Kurze Radhose und kurzärmeliges Trikot sind angesagt – die Standard-Kleidung für die komplette Tour. Kühler wird’s schließlich nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Mittags erreicht die Temperatur locker 34 Grad und mehr. Mit Lucien vorneweg und dem thailändischen Co-Guide Andy als Schlusslicht rollt die bunte Truppe los. In Zweierreihe geht’s hinaus aus dem vergleichsweise trubeligen Hua Hin. Schon bald werden die ersten kleinen Nebenstraßen erreicht: kaum Autoverkehr, dafür kilometerlange Ananas-Plantagen, die für die Region typisch sind. Thailand ist weltweit größter Exporteur dieser süßen Frucht, rund um Hua Hin befindet sich das größte Anbaugebiet.
Die Temperaturen klettern im Lauf des Tages auf gut 30 Grad an, es ist nun wichtig, vor allem genug zu trinken. Jeder hat zwei Trinkflaschen am Rad, aufgefüllt werden die Bidons, wie sie französisch heißen, bei regelmäßigen kleinen Stopps. Gelegentlich anzuhalten lohnt sich ja sowieso. Zum Beispiel am Eingang zu einem kleinen Pfad, der einen kurzen Spaziergang in einen Mangrovenwald erlaubt. Die Bäume mit ihren langen Stelzenwurzeln vertragen salzhaltiges Wasser und sind eine wichtige Pflanze im Ökosystem tropischer Küstengebiete.
Ein Stopp wird auch im riesigen Wat Khao la Lok eingelegt, einer der rund 40.000 Tempelanlagen, die es im Land gibt. Guide Andy ist Spezialist für die heiligen Stätten – wann immer an den nächsten Tagen an einem Tempel Halt gemacht wird, erklärt er die jeweiligen Besonderheiten: Die Form der steinernen Buddhas, der abgebildeten Mönche, Dämonen und die eingearbeiteten Einflüsse anderer Religionen. Ein weites Thema sehr unterschiedlicher Stätten, die eines gemeinsam haben: Sie sind ein Ort der Ruhe – man wird zur Besinnung animiert. Sehr angenehm in unserer heutigen schnelllebigen Zeit.

2. Etappe: Kuiburi – Haad Ban Krut (112 km, 390 Höhenmeter)
Die Ananasplantagen werden weniger, dafür radeln wir bei angenehmen Temperaturen am Vormittag durch nahezu menschenleeres Gebiet in Meeresnähe. Zahllose kleine und große Teichanlagen weisen auf die Spezialität dieser Gegend hin: die Garnelenzucht. Thailand produziert jährlich 200.000 Tonnen Garnelen – ein einträgliches Geschäft, das von Umweltorganisationen aber angeprangert wird. Nach einer Handvoll Jahren der Garnelenzucht wird eine von den Exkrementen der Tiere zerstörte Landschaft in der Regel aufgegeben und erst einmal nutzlos hinterlassen. Es dauert Jahre, bis sich diese Gegenden wieder ökologisch erholt haben.
Seit vielen Jahren konstant betrieben wird die Militärbasis, die unsere Reisegruppe nach etwa 50 Tageskilometern erreicht. Fotografieren ist nun ein paar Kilometer lang strengstens verboten, das sollte man auch einhalten. Andernfalls droht ein etwas längerer Aufenthalt in Thailand – hinter Gittern. Die Soldaten winken uns freundlich zu, als wir ihre Basis durchqueren – Radfahrer sind in Thailand gern gesehene Gäste und dürfen eigentlich überall hin. Thailand ist tatsächlich das Land des Lächelns. Es ist auffällig, mit welcher Freude unsere Durchfahrt allerorten aufgenommen wird. Immer wieder grüßen uns die Menschen am Straßenrand enthusiastisch, es wird uns zugejubelt, wir werden freundlich begrüßt.
Radeln boomt in Thailand. Es entstehen im ganzen Land neue Radwege abseits der großen Straßen, die Infrastruktur wird immer besser. Was sich auch auf den Radtourismus enorm auswirkt: Unser Tourchef Lucien berichtet von ständig steigenden Teilnehmerzahlen bei seinen Touren: Allein in den letzten drei Jahren haben sich die Buchungszahlen bei seinem Unternehmen verdoppelt.

3. Etappe: Haad Baan Krut – Chumphon (136 km, 569 Höhenmeter)
Die bisher längste und schwerste Etappe steht uns bevor: Über fast 140 km geht’s durch hügeliges Gelände mit viel Landwirtschaft, nur hin und wieder durchstreifen wir kleinere Ortschaften. Die Vegetation wird immer tropischer und die Temperaturen steigen. Mittags haben wir jetzt schon 34 Grad auf dem Thermometer.
Es verändert sich die Vegetation: Wir durchqueren riesige Plantagen von Kokosnussbäumen, die ersten größeren Bananenfelder sind zu sehen. In den kleinen Shops und Cafés am Straßenrand werden immer buntere Smoothie-Getränke mit Crush-Eis angeboten. Der Hit ist der süße Bananen-Shake, für den die Experten ganz bestimmte Bananen bereithalten. Man muss wissen: Thailand zählt etwa 80 verschiedene im Land gedeihende Bananensorten – bei weitem nicht jede eignet sich gleichermaßen für den beliebten Shake.
Nach einem ausgedehnten Mittagessen in einem typischen Thai-Haus trudeln wir nach fast acht Stunden Fahrt am späten Nachmittag endlich in der Hotelanlage in der Nähe der Stadt Chumphon ein. Jeder bekommt hier seine eigene kleine Hütte, von der aus es nur ein paar Schritte zum in einem Park gelegenen Pool sind. Robi organisiert ein verdientes Feierabend-Bier und wir strecken unsere geschundenen Beine im lauwarmen Wasser aus. Ein schöner Ort, der uns gerade recht kommt und der noch zu genießen sein wird. Denn nach der anstrengenden Tour ist für den kommenden Tag eine Ruhepause eingelegt. Wir werden einen Strandtag einlegen und unsere lädierten Muskeln pflegen lassen können. Nicht nur in touristisch erschlossenen Gebieten des Landes werden die berühmten Thai-Massagen angeboten. Für wenig Geld kann man sich hier fachgerecht durchkneten lassen.

4. Etappe: Chumphon – Paktako (78 km, 176 Höhenmeter)
Es wird immer heißer. Nach unserem Ruhetag gehen wir frisch erholt auf die nächste Etappe, die mit gerade einmal 78 Kilometern bis zum Mittag schon absolviert ist. Wir sind mittlerweile eine richtig gut harmonierende Fahrrad-Gang geworden. Zügig rollen wir in kompakten Zweierreihen durch das immer tropischer werdende Land. Robi zieht gern beim Mangobaum davon, um bei den Durian-Pflanzen wieder von uns eingeholt zu werden.
Die dicken Ölpalmen, die genau zu dieser Jahreszeit mit ihren dicken reifen Früchten zur Ernte anstehen, prägen das Landschaftsbild. Bis zu 50 Kilo Früchte hängen in jeder Baumkrone – das Herunterschneiden und verladen ist eine schweißtreibende, aber lohnende Arbeit. Ein Hektar Pflanzen bringen etwa 3,8 Tonnen Palmöl.
Einst gab es Ölpalmen nur in Afrika, mittlerweile ist der Anbau in Südostasien weitverbreitet. Neben Malaysia und Indonesien, die etwa 85 Prozent des weltweiten Bedarfs abdecken, gehört Thailand zu den Hauptproduzenten.
5. Etappe: Paktako – Surat Thani (168 km, 353 Höhenmeter)
Die Königsetappe. Fast 170 Kilometer bei brütender Hitze. 36 Grad zeigt das Thermometer am Mittag, zudem steigt die Luftfeuchtigkeit enorm an, weil wir mittlerweile die Küste verlassen haben und mehr im Landesinneren unterwegs sind. Ganz besonders jetzt genießen wir die ausgezeichnete Organisation dieser Tour von Lucien und seiner Agentur „Thailand Cycle Tours“, der in Kooperation mit seinem deutschen Partner „Bike Team Radreisen“ arbeitet.
Außer ums Radfahren brauchen wir uns um nichts zu kümmern. Unser Begleitfahrzeug mit Fahrer Wat bringt unser Gepäck von Hotel zu Hotel, sorgt zwischendurch für die nötigen Getränke, repariert das defekte Rad und nimmt jene auf, die eine Pause brauchen. Mitfahrer Ralf zum Beispiel hat sich den Magen verdorben und steigt für zwei Etappen in den Begleitbus. Dort ist für ein paar Tage auch Gernot anzutreffen, der sich bei irgendeiner Klimaanlage die Atemwege erkältet hat. Haben wir unser Tagesziel erreicht, dürfen wir die Räder gleich in die Obhut unserer Begleiter geben und direkt in unsere Hotelzimmer abdampfen, deren Schlüssel bei der Ankunft schon bereit liegen. Luxus pur.
Annehmlichkeiten, die wir nach dieser Hammeretappe wirklich genießen. Zufrieden genießen wir das moderne Stadthotel in Surat Thani. Die Stadt ist mit ihren rund 450.000 Einwohnern ein wichtiges Regionalzentrum mit Flughafen. Von hier legen auch die Fähren zu der bei Touristen enorm beliebten Insel Koh Samui ab.

6. Etappe: Surat Thani – Ratchapraba Staudamm (86 km, 257 Höhenmeter)
Nach der Hammeretappe vom Vortag ein vergleichsweise kurzer Abschnitt: Keine 90 Kilometer sind es bis hoch zum Ratchapraba-Staudamm inmitten des Khao-Sok-Nationalparks, der das Wasser des riesigen, 185 Quadratkilometer großen Cheow Lan Sees füllt. Der Bau der Talsperre begann 1982, fertiggestellt war der Damm, der ein Wasserkraftwerk führt, fünf Jahre später.
Entstanden ist nicht nur eine wichtige Energiequelle für die Region, sondern auch ein herrlicher Rückzugsort für allerlei tropische Flora und Fauna. Der See ist fischreich, in den umliegenden dicht bewachsenen Dschungel-Bergen leben zahlreiche Tiere. Neben unzähligen Vogelarten streifen im Park verschiedene Affenarten, Tiger, Leoparden, Wildschweine sowie der gefährdete Malaienbär umher. Es ist grundsätzlich möglich, den Park zu betreten, wilde asiatische Elefanten haben aber die unschöne Angewohnheit, die Hinweisschilder und Wegmarkierungen zu zerstören. Daher unbedingte Empfehlung: Nicht ohne Guide in den Park gehen.
Die Radgruppe hat dies ohnehin nicht vor, für sie steht eine andere Besonderheit auf dem Programm: eine Übernachtung in einem Dorf von schwimmenden Hütten. Per Longboat geht es in gut 20 Minuten vom Damm bis zur Hüttensiedlung, wo die Radler nach einem kühlenden Bad im Süßwassersee ein Bett in schwankender Hütte vorfinden.
7. Etappe: Ratchapraba – Phang Nga (99 km, 643 Höhenmeter)
Die Tour neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Ohne allerdings an Reiz zu verlieren. Die Landschaft und Vegetation werden immer üppiger. Dichter Dschungel säumt die jetzt hügeligen Straßen und Wege. Hier, im Süden des Landes ganz in Äquatornähe, ist Streckenkenntnis umso wichtiger. Wir fahren durch kleine Dörfer, vorbei an Kautschuk- und Ölpalmen-Plantagen, man hat nunmehr das sichere Gefühl: Hier ist der Ort, an dem Milch und Honig fließen. Der Pflanzenreichtum, die bunte Vegetation – hier gibt es Früchte, Gemüse und Raum für Landwirtschaft in Hülle und Fülle.
Das Radeln ist ein Genuss und wir holen den gelegentlich davonstürmenden Robi ja auch immer wieder ein. Die Provinz Phang Nga, die wir jetzt erreichen, liegt an der Westküste. Die in der Bucht vorgelagerten Kalksteininseln sind aus dem James-Bond-Film „Der Mann mit dem goldenen Colt“ bekannt – insbesondere die „James-Bond-Insel“ Khao Phing Kan, die mittlerweile ein überlaufenes Touristen-Ausflugsziel geworden ist.

8. Etappe: Phang Nga – Phuket (73 km, 343 Höhenmeter)
Der Schlusstag. Noch einmal ein paar Stunden radeln durch ein grünes Paradies, ehe die nahende Sarasin-Brücke den Übergang zur Insel Phuket markiert. Phuket ist die größte Insel des Landes, mittlerweile ein von Touristen überlaufenes internationales Top-Ziel. Die weißen Puderstrände, die üppige tropische Vegetation, dazu das rege Nachtleben und der nahe gelegene internationale Flughafen – Phuket wird von Touristen in den europäischen Wintermonaten regelrecht überschwemmt.
Unseren Radlern stehen auf der Insel noch einmal 30 Kilometer in dichtem Verkehr bevor, konzentriert rollt die Gruppe ihrem Ziel entgegen. Es geht zum Nai Thon Beach nahe des Flughafens, wo nach einem spontanen Sprung ins Meer ein letztes gemeinsames Mittagessen mit den Füßen im Sand den Abschluss der Reise markiert. Danach gilt: Räder abgeben, Sachen zusammensuchen, Adressen austauschen. Und nach zehn Tagen gemeinsamen Radelns gehen alle wieder ihrer Wege. Mit gut 900 Radkilometern in den Beinen und einer wertvollen Lebenserfahrung reicher.
Weitere Informationen
Wenn Ihr mehr zu Radreisen in Thailand erfahren wollt, besucht die Webseiten von Thailand Cycle Tours und Bike Team Radreisen.
Text und Bilder: Olaf Jansen, Nachdruck, auch in Auszügen, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.
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