Kraftorte in den Alpen: 6 Plätze zum Innehalten

Kraftorte
Türkisfarben, eiskalt und eingerahmt von alpiner Stille – die Strudeltöpfe in Flims Laax sind ein Naturerlebnis der besonderen Art. © Flims Laax / Gaudenz Danuser
Diese sechs versteckten Kraftorte in den Alpen laden zum Entschleunigen und Krafttanken ein. Wir stellen die Orte in diesem Beitrag vor.
Kraftorte
Türkisfarben, eiskalt und eingerahmt von alpiner Stille – die Strudeltöpfe in Flims Laax sind ein Naturerlebnis der besonderen Art. © Flims Laax / Gaudenz Danuser

Manche Orte lassen sich nicht einfach mit einem Klick erleben. Sie haben kein Drehkreuz, keinen Selfie-Spot, keine Inszenierung. Sie liegen abseits der touristischen Pfade, eingebettet in die alpine Natur, und sind ideal für alle, die sich nach Ruhe und Achtsamkeit sehnen. Es geht nicht um höher, schneller, weiter, sondern um das bewusste Gehen und Entdecken. Um das kleine Große: ein steinerner Tempel über einem Bergsee, eine mystische Klamm, eine Hängematte mit Blick in die Tiefe der Rheinschlucht. Kraftorte eben.

Plätze zum Innehalten und Entschleunigen

Diese sechs versteckten Kraftorte in den Alpen laden zum Entschleunigen und Krafttanken ein – ohne Inszenierung, ohne Lärm.

ZELL AM SEE-KAPRUN: DER KLAMMSEE

Kraftorte
Wo die Klamm endet, beginnt die Ruhe: Der Klammsee liegt klar und still zwischen Wald und Bergen. © Zell am See-Kaprun Tourismus

Über Jahrtausende hat sich die Kapruner Ache ihren Weg durch Fels und Stein gefräst – mehr als 30 Meter tief und 320 Meter lang. Das Wasser stürzt aus den Gletschern hoch über dem Tal in die Sigmund-Thun-Klamm und erfüllt die Schlucht mit Rauschen und feinem Sprühnebel. Holzstege führen durch die enge Felslandschaft, vorbei an Gischt, Lichtreflexionen und glatten Steinwänden. Am Ende der Klamm verändert sich die Szenerie. Es wird still. Der Weg öffnet sich und der Klammsee liegt da: türkisgrün, klar, umgeben von dichtem Wald. Ein schmaler Uferpfad führt rund um den kleinen See. Der Blick schweift über das ruhige Wasser, zum Gletschereis am Horizont und hinauf in den Himmel. Dieser Ort ist das stille Gegenstück zur tobenden Schlucht – ein Platz zum Durchatmen, Verweilen, Loslassen. Der Klammsee ist vom Klammparkplatz in Kaprun aus über eine etwa vier Kilometer lange Tour zu erreichen, die auch für weniger geübte Wanderer gut begehbar ist.

LAAX: DIE RHEINSCHLUCHT

Zwischen Baumwipfeln und Abgrund: Wer seine Hängematte mitbringt, findet oberhalb der Rheinschlucht bei „Il Spir“ den perfekten Ort für eine Pause mit Tiefblick. © Laax_Rheinschlucht/Danuser

Die Rheinschlucht zwischen Reichenau und Ilanz bei LAAX gehört zu den eindrucksvollsten Kraftorten der Alpen. Bis zu 400 Meter tief hat sich der Vorderrhein hier in den Fels gegraben. Das Ergebnis: Eine wilde Landschaft aus schroffen Wänden, rauschendem Wasser und lichten Wäldern. Wer sich diesem Naturschauspiel zu Fuß nähert kann direkt beim rocksresort starten – einem markanten Ort aus Beton, Holz und klarer Architektur. Wenige Minuten später beginnt der Kontrast: Statt Design und Struktur dominieren nun Erde, Licht und Natur.

Die rund 90-minütige Wanderung führt durch lichte Lärchenwälder, über wurzelige Pfade, begleitet vom stetigen Rauschen des Flusses. Am Aussichtspunkt „Il Spir“ öffnet sich das Panorama – der Blick schweift weit über die Schlucht, den Fluss, die Tiefe. Wer eine Hängematte dabeihat, findet zwischen den Bäumen den perfekten Ort, um innezuhalten.

FLIMS: DIE STRUDELTÖPFE ALP MORA

Natürliche Wannen aus Stein: Auf der Alp Mora hat das Wasser über Jahrhunderte glatt geschliffene Becken geformt – gefüllt mit türkisfarbenem Quellwasser. © Flims Laax Falera / Gian Ragettli

Hoch über Flims haben Wasser und Zeit ausdauernd den Fels bearbeitet. Auf der Alp Mora liegen 20 Strudeltöpfe – runde, glatt geschliffene Becken aus Stein. Nach der Schneeschmelze füllt der Maliensbach diese natürlichen Wannen mit eisklarem Quellwasser. Der Weg zu den Strudeltöpfen, die sich wie Perlen aneinanderreihen, beginnt im Weiler Fidaz und führt auf schmalen Pfaden in nur zwei Stunden zum Ziel. Während tief unten die Rheinschlucht liegt, tanzt hier oben das Sonnenlicht über helle Steinplatten und alpine Pflanzen. Wer mutig ist, wagt den Sprung ins eiskalte Wasser. Andere bleiben einfach mit den Füßen im Becken stehen und genießen die frische Kühle. So oder so: Die Erfrischung lohnt sich.

FALERA: PARC LA MUTTA

Zeitzeugen aus Stein: Über 30 Menhire und Schalensteine bilden oberhalb von Falera eine der bedeutendsten Megalithanlagen der Schweiz. © Flims Laax Falera / Gaudenz Danuser

Sie stehen da, als wären sie nie weg gewesen. Grau, rau, gegen Wind und Wetter aufgerichtet. Auf einem Hügel oberhalb der Bündner Gemeinde Falera liegt einer der eindrucksvollsten Kraftorte in den Alpen: der Parc La Mutta. Mehr als 30 Menhire und Schalensteine bilden hier eine der ältesten Megalithanlagen der Schweiz – errichtet vor über 3.500 Jahren. Sie trotzen Wind, Wetter und Zeit und erzählen von einer Epoche, an die sich niemand erinnern kann. Damals richteten Menschen die Steine nach dem Lauf der Sonne und den Jahreszeiten aus, lange bevor es das Wort Astronomie überhaupt gab.

Heute führen sanfte Pfade zwischen den Steinen hindurch. Vögel zwitschern in der Mittagssonne, Kühe weiden auf den umliegenden Wiesen. Ansonsten ist es still. Wer durch diese uralte Landschaft wandert, bewegt sich durch die Jahrtausende. Übrigens: Der Parc La Mutta lässt sich auf eigene Faust erkunden – ein Lehrpfad führt zu den zehn wichtigsten Stationen der Anlage. Ein Faltblatt am Eingang gibt Orientierung und Hintergrund.

INNSBRUCK: DER APOLLONTEMPEL AM HUNDSTALSEE

Über dem dunklen Bergsee thront ein begehbares Kunstwerk: Der Apollontempel wurde aus Trockenstein errichtet – als stiller Ort der Verbindung von Natur, Kunst und Weitblick. © Heinz Triendl

Der Weg ist steil, der Pfad schmal. Er führt durch Felsen, über Wurzeln – Schritt für Schritt weiter hinauf. Am Ende liegt er da: der Hundstalsee. Dunkelgrün, fast schwarz, umrahmt von rauem Gestein. Für viele ist dieser abgelegene Bergsee ein Ort der Einkehr, der Naturerlebnis und Stille auf besondere Weise vereint. Auch die Tiroler Künstler Robert Tribus und Heinz Triendl fühlten sich von diesem Platz angezogen. Zwischen 1986 und 2006 errichteten sie hier aus den Steinen der Umgebung einen Tempel zu Ehren des griechischen Gottes Apollon. Fast unsichtbar schmiegt sich das Bauwerk in die karge Landschaft ein, und doch entfaltet es beim Näherkommen eine eindrucksvolle Präsenz. Es ist kein Ort des schnellen Ankommens, sondern einer des bewussten Bleibens – eine Bühne für das Zusammenspiel von Kunst, Natur und Zeit.

Die mittelschwere Wanderung beginnt beim Parkplatz der Inzinger Alm (1.641 m) in der Region Innsbruck und führt in rund zwei Stunden zum Hundstalsee auf 2.287 Metern Höhe – zu einem Platz, der sich dem Tempo der Welt entzieht.

SEEFELD: DER ISARURSPRUNG

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Der Ursprung der Isar: Ein klarer Moment inmitten des Karwendels – frisch, rein und voller Kraft. © Bene Hoeflinger

Der Ursprung eines Flusses, hoch oben im Karwendel. Die Isar beginnt ihre Reise im wilden Hinterautal bei Scharnitz in der Region Seefeld und sprudelt als rechtsdrehende Quelle aus den Tiefen des Berges. Übrigens eine echte Rarität und schon in der Antike schrieb man dem rechtsdrehenden Wasser besondere Heilkräfte zu. Ob zu Fuß oder mit dem E-Bike – der Weg zum Isarursprung führt durch unberührte Natur: Wälder, Almen, Felsen und das Rauschen des Wassers begleiten die Wanderung. Dort, wo der Fluss entspringt, ist die Natur stiller, der Moment klarer. Man spürt den Puls der Berge – und begreift: Dies ist ein Kraftort in den Alpen, an dem das Wasser genauso frisch und rein bleibt wie vor Jahrhunderten.

Die Wanderung zum Isarursprung ist rund 11 Kilometer lang – ideal für einen Tagesausflug durch ursprüngliche Landschaften.

Text: HPR / G. Edler // Bilder: © siehe Bildtext

Weiteres Reisethema auf Outdoor Elements: Weitwandern auf dem Meditationsweg Ammergauer Alpen.

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